Stand der Hoffnung

Installationsansicht

«Nochmal alle dagegen stemmen!», ruft Roman Keller den Gästen in der Kunsthalle Arbon zu. Und Christina Hemauer wirbelt an den Anwesenden vorbei und meint optimistisch: «Wir zerbrechen den schon noch.» Dann legt sie ihre Hände auf den Stahlbeton und drückt, wie alle anderen auch, aus Leibeskräften. Etwas Stabiles soll nämlich zu Bruche gehen. Und zwar das Herzstück der Ausstellung, das zugleich ihr Namensgeber ist: die Installation «Stand der Hoffnung».

Konkret handelt es sich um einen Stahlbetonträger von 25 Metern Länge, gelagert auf rollbaren Stützböcken. Hemauer und Keller haben sich zum Ziel gesetzt, diesen massiven Koloss mit Körpereinsatz des Vernissage-Publikums zum Bersten zu bringen. Sie wollen aufzeigen, wozu der Mensch in der Lage ist. Da knackt es. Der Beton bricht.

Naturgewalt aus Menschenhand

«Tatsächlich steht die Macht des Menschen über die Natur im Fokus der Ausstellung», erklärt Kuratorin Deborah Keller, die das Künstlerduo nach Arbon geholt hat. «Heute ist klar, dass menschliches Tun auf unseren Planeten einwirkt und etwa Wetterphänomene beeinflusst. Vielleicht wäre es ja an der Zeit, für das Wort ‹Naturgewalt› einen Ersatz zu finden?»

Die Idee, der Mensch nehme Einfluss auf seine Umwelt, geistert schon länger kollektiv durch die Köpfe. Vor bald 20 Jahren kam eine kleine, nicht unumstrittene Gruppe gar zu der Ansicht, man könne den Anbruch einer neuen, geochronologischen Epoche fixieren. Man gab dieser den Namen «Anthropozän» und meinte damit ein Zeitalter, in dem der Mensch unmittelbar auf die Geschicke seines Planeten einwirkt – biologisch, geologisch und atmosphärisch.

Die Farbe des Himmels ändern

Ob die Künstler sich tatsächlich mit dem Begriff des «Anthropozän» belasten wollen, sei dahingestellt. Den Gedanken, der Mensch greife massiv in die Welt ein, verfolgen sie jedoch klar. «Man weiss, dass der Mensch bereits das Blau des Himmels verändert. Irrsinn!», sagt Christina Hemauer. Und Roman Keller ergänzt doppelsinnig: «Wir haben eindeutig die Kraft für Veränderungen.» […]

Dorothee Haarer, Naturgewalt aus Menschenhand, St. Galler Tagblatt, 26. August 2016

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Stand der Hoffnung
20.8. – 25.9.2016

Kunsthalle Arbon
Grabenstrasse 6, 9320 Arbon