Wärme tauschen

[…] Mit der Harley Davidson über einen Weg, der nicht genommen wurde. Bevor ich darauf komme, was das im Zusammenhang mit dieser Ausstellung soll, noch ein Letztes zur Entropie in der Kunst von Christina Hemauer und Roman Keller.

Da sie bewußt auf das traditionell Dinghafte und Zeughafte, ja sogar Werkhafte verzichtet, worauf verweist sie, über sich hinausgehend? Ich hatte da was gefunden, habe es den beiden vorgelesen, und sie waren damit einverstanden: Das Wesen und die Vollendung dieser Arbeiten liegt… bereits in der Vorstellung ihrer zukünftigen Auflösung begründet. Aus dieser ‚destruktiven‘ Ausrichtung entsteht paradoxerweise ein äußerst vitales Moment: Nur was vergeht, wird (ewig) bleiben. Das Evolutionäre – der Wechsel von einem in den anderen Zustand oder Status – verweist letztlich auf das Fragile des menschlichen Seins.

Hier hätte ich, das meinte spontan auch Christina, Schluss machen können, wäre da nicht noch die Harley Davidson auf dem nicht genommenen Weg. A road not taken. Ende der Siebziger ließ der damalige Präsident der USA, Jimmy Carter, auf dem Westflügel des Weissen Hauses in Washington DC Sonnenpanele zur Warmwasserbereitung installieren. Inzwischen sind sie im Museum of American History und verweisen auf das Fragile in nachhaltiger US-amerikanischer Energienutzung. A road not taken, ein Weg der nicht eingeschlagen, der nicht genommen wurde. Christina Hemauer und Roman Keller haben das vielfältig dokumentiert. Und vielleicht können sie irgendwann einmal auch dokumentieren, wie sich der gegenwärtige 45. US-Präsident, den der Dichter Jack Ridl nur Forty-Five nennt, mit Harley Davidson, die weit über die Ding- und Zeughaftigkeit eines Motorrades hinaus zum Mythos geworden ist, wie sich Forty-Five mit diesem Mythos angelegt hat. Und wie etwas schier Unmögliches möglich geworden ist. In dieser Ausstellung ist es möglich geworden, einen Stromumwandler einzusetzen, der extrem kleine Strommengen, wie sie Handwärme erzeugt, netzfähig machen kann. Das gab es unseres Wissens noch nie, und das verdanken wir dem Erfinder Uwe Schiefelbein. Warum sollte es dann nicht möglich sein, daß Harley Davidson eines Tages im Museum of American History landet und, über seine Motorradhaftigkeit weit hinausgehend, darauf verweisen kann, daß Forty-Five nicht wieder gewählt wurde? Dank Harley Davidson.

Pit Klein, Chefreporter Kultur bei SWR 2 in Rente

mehr
Wärme tauschen
15.7. – 9.9.2018

Altes Dampfbad
Gesellschaft der Freunde junger Kunst
Marktplatz 13
Baden-Baden
Di – Fr: 15 bis 18 h, Sa – So: 11 bis 17 h

Finissage: So, 9. September, 16 h